Pressemitteilung Bürgerverein: Statement vor dem Sportausschuss 

Statement des Bürgervereins für Chemnitz-Erfenschlag e.V. vor dem Sportausschuss

Sie sind aufgefordert heute gegen das Sommerbad Erfenschlag und für dessen dauerhafte Schließung zu votieren. 

Wir glauben und wir hoffen, dass Sie dies nicht tun werden!

Dieses, unser Bad, dieses, unser Kleinod hat schon immer die Bürger mindestens in den Stadtteilen Erfenschlag, Harthau und Reichenhain bewegt. In den dreißiger Jahren wurde es von Bürgern erbaut...

Statement des Bürgervereins für Chemnitz-Erfenschlag e.V. vor dem Sportausschuss                                                 Chemnitz, 06.01.2016

 

Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Gäste,

 

Sie sind aufgefordert heute gegen das Sommerbad Erfenschlag und für dessen dauerhafte Schließung zu votieren. 

Wir glauben und wir hoffen, dass Sie dies nicht tun werden!

Dieses, unser Bad, dieses, unser Kleinod hat schon immer die Bürger mindestens in den Stadtteilen Erfenschlag, Harthau und Reichenhain bewegt. In den dreißiger Jahren wurde es von Bürgern erbaut, in den Fünfzigern wurde es von ihnen erweitert, in den Achtzigern wurde es mit Bürgerhilfe verschönert. Seit den 2000ern wurde das Bad über viele Jahre von den Bürgern sogar selbst betrieben. Es konnte dabei eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden, dass ein solches Bad über viele Jahre mit sehr überschaubaren Kosten zu betreiben ist. Viele fragen uns regelmäßig, wie es nun weitergeht.

Im Jahr 2014 lief der bisherige Nutzungsvertrag endgültig aus. Die Eigentümerin des Bades – die Stadt Chemnitz – hatte es über viele Jahre versäumt, auch nur eine müde Mark in Erhaltungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen zu stecken. Die nun vorhandenen Mängel sind ausdrücklich nicht auf den Betrieb des Bades durch die Bürger zurückzuführen. Der resultierende Investitionsstau soll nun jedoch der Sargnagel unseres Bades werden.

Andere, die nie einen Handschlag für dieses Bad geleistet haben, die ggf. sogar nie einen Fuß dorthin gesetzt haben, bereiten jetzt die Entscheidung über die Zukunft vor. Dies sind NICHT Sie liebe Bürgervertreter. Es sind auch nicht die Bürger von Reichenhain, Erfenschlag, Harthau, Altchemnitz oder anderer Stadtteile, die dazu ja gar nicht befragt wurden. Es sind Fremde, externe Berater, Wirtschaftsprüfer oder Anwälte, die die Grundlagen legen für die von Ihnen abverlangte Entscheidung über wichtige Chemnitzer Belange.

Sie, liebe Stadtverordnete, sollen heute nur ein Alibi erfüllen. Sie sollen die Seelen derer reinwaschen, die das Ganze verbockt haben. Sie werden hier als Bürgervertreter genauso wie wir als Bürger vorgeführt und sollen das Kasperletheater mitspielen. Wir bitten Sie inständig – tun Sie dies nicht! Nehmen Sie Ihre Bürgerrechte tatsächlich wahr, erfüllen Sie Ihre Bürgerpflicht und kämpfen Sie mit uns gemeinsam für einen Fortbestand des Bades.

Natürlich gibt es Investitionsbedarf. Natürlich müssen heutige Standards erfüllt werden. Natürlich ist Arbeit zu erledigen. Niemand bezweifelt das. Wir glauben jedoch, dass dies mit erträglichem und vernünftigem Aufwand durch sukzessive Ertüchtigung bei notwendiger Prioritätensetzung zu erreichen ist. Gleichzeitig glauben wir, dass das Bad - wie schon bisher - mit überschaubaren Betriebskosten in gemeinnütziger Weise zu bewirtschaften ist. Bisher wurde jedoch lediglich darüber debattiert, ob und wie dieses Bad zu schließen sei. Über Wege zum sinnvollen Weiterbetrieb, über das Wer, Wie, Was, Wann wurde bisher nie konstruktiv beraten – eigentlich wurde in den vergangenen 2 Jahren gar nicht beraten. Höchstens darüber, wie man das Ding nun endlich von der Bildfläche bekommt. 

Ein kollektives Armutszeugnis!

Sie verehrte Anwesende wissen aus eigener Erfahrung – motivierte Bürger können sehr viel bewegen, können viele sehr individuelle Wege für Teilprobleme finden: durch Eigenleistung, durch Spenden, mit Sponsoren, durch Nutzung von Förderung – bspw. des Ehrenamtes. Man muss sie jedoch auch lassen. Was sicher nicht zu leisten ist, ist ein perfektes, auf viele Jahre ausgelegtes, vollständig ausgefeiltes und zeitlich strukturiertes Konzept ohne Unwägbarkeiten, dass einen ewigen Betrieb ohne jegliche kommunale Beteiligung sichert. Solche Trauben hängen tatsächlich zu hoch, dies wird aber scheinbar gefordert.

Chemnitz sollte stolz sein, Bürger zu haben, die etwas bewegen wollen und können. Sie sollten gehegt und gefördert werden. Leider ist das Gegenteil der Fall. Von Konstruktivität, eben der gemeinsamen Suche nach geeigneten Wegen, ist bisher nichts zu spüren. Wir werden hingehalten, vertröstet, abgespeist, veralbert.

Hierzu noch einige Beispiele:

Wir wissen nicht, seit wann Sie Kenntnis von der heutigen Veranstaltung haben und seit wann Sie sich darauf vorbereiten konnten. Wir selbst wurden mit Schreiben vom 18.12.2015 eingeladen, das erst nach den Weihnachtsfeiertagen bei uns einging. Errechnen Sie gern selbst, wie viel Flexibilität für die Vorbereitung und Teilnahme an der heutigen Veranstaltung man von uns erwartet. Die Einladung ist übrigens die erste, die wir in den letzten beiden Jahren zu einem offiziellen Gesprächstermin mit der Stadtverwaltung erhalten haben.

Sie liebe Abgeordnete, halten heute auch ein Dokument in den Händen, das die Grundlage Ihrer Entscheidung bilden soll. Wir selbst kennen dieses Dokument offiziell gar nicht – es wurde nicht für nötig erachtet, auch uns dieses Dokument zu übermitteln. Gleichwohl sind wir gebeten worden, heute ein 10minütiges Statement abzugeben. Augenscheinlich wird ein wirklich inhaltliches Statement gar nicht erwartet.

Dankenswerter Weise haben wir seit vorgestern aus Ihren Reihen Kenntnis von der genannten Entscheidungsvorlage erhalten. Sie werden aber sicher verstehen, dass uns in der Kürze der Zeit keine fundierten Aussagen oder Entgegnungen dazu möglich sind. Noch dazu ist der in unserer Bürgerinitiative mitwirkende Bausachverständige heute aufgrund der Kurzfristigkeit gar nicht anwesend. Deshalb an dieser Stelle zunächst nur drei kurze Anmerkungen:

  1. Ziehen Sie die getroffenen Aussagen getrost in Zweifel. Ihnen wurde mit Ihrer Entscheidungsvorlage zwar das Erstgutachten des Dr. Melzer vom Juli 2013 übergeben, jedoch wurde versäumt, auch das Konzept des Bürgervereins bzw. des Bausachverständigen Dr. Franke beizufügen. Auf beide Dokumente wird wesentlich Bezug genommen.
  2. Unter der Überschrift „Wertung der baufachlichen Stellungnahme“ wird ausgeführt, dass „viele inhaltliche und fachliche Fragen offen bleiben“. Die tatsächliche konstruktive Diskussion dieser Fragen am gemeinsamen Tisch wäre aus unserer Sicht wünschenswert – im Sinne konstruktiven Gesprächs, nicht im Sinne papierner Forderungen. Leider ist sie bisher unterblieben.
  3. Mit einer großen Selbstverständlichkeit wird vom Bürgerverein immer wieder erwartet, weitere Konzepte, Planungsleistungen oder Detaillierungen (ehrenamtlich) zu erbringen ohne zunächst die vorliegenden Fragen gemeinsam zu erörtern. Auf der anderen Seite wird viel Geld für Begutachtungen ausgegeben, die die Schließung und damit Vernichtung des Erfenschlager Bades legitimieren sollen.

Für Ihre heute zu treffende Entscheidung möchten wir Ihnen deshalb folgendes ans Herz legen:

  • Vertagen Sie die von Ihnen geforderte Entscheidung, mindestens bis zur nächsten Beratung Ihres Gremiums, um unserer Bürgerinitiative die Möglichkeit eines fundierten Statements zu geben.
  • Räumen Sie unserem Sachverständigen dann auch ausreichend Zeit für seine Darstellung ein.
  • Beauftragen Sie die Stadtverwaltung mittels dieses, ihres Gremiums oder durch den Stadtrat, gemeinsam mit dem Bürgerverein für Chemnitz-Erfenschlag e.V. geeignete Wege zum Weiterbetrieb des Bades - unter beidseitiger Mitwirkung - zu finden.
  • Fordern Sie die Überarbeitung veralteter Planungen und die Aufnahme des Bades in neue Konzepte ein.

Eine letzte Anmerkung sei gestattet:

Im Stadtteil Erfenschlag gibt es keine kommunale Kindertagesstätte, keinen Jugendclub oder Seniorentreff. Es gibt kein Stadtteil- oder Bürgerzentrum, es gibt keinen öffentlichen Spielplatz. Sie werden sicher verstehen, dass sich deshalb mit dem Erfenschlager Bad vieles verbindet, viel Bürgerengagement darauf fokussiert ist, viel Lebensqualität dafürspricht. Bitte arbeiten Sie, liebe Chemnitzer Bürger, mit uns daran, dass dies so bleiben kann, damit wir diesen guten Anker nicht verlieren.

 

Vielen Dank!