Ortsgeschichte Erfenschlag

Geschichtliches zur Erfenschlager Straße -allgmein-

Die Erfenschlager Straße ist bereits über 600 Jahre lang im Chemnitzer Stadtbild enthalten. 

Dabei wechselte sie vier mal die Örtlichkeit in Stadtplänen und Adressbüchern (1402, 1890, 1894, 1950).

Es handelte sich dabei stets um eine Straße, welche im Prozess der Stadterweiterung seit 1402 diesen Namen erhielt. Urkundliche Ersterwähnung der "Erfenslegere Straße" war am 29. September 1402 bei der Bestimmung des Grenzverlaufes, als man einen Teil vom Klosterdorf Bernsdorf beschrieb, welcher in die Stadt Chemnitz einverleibt wurde. 

 

Ab 1850 baute der Wegeverband, den die Gemeinden Altchemnitz, Erfenschlag und Einsiedel u. a. gebildet hatten, die Altchemnitzer - Ehrenfriedersdorfer Halbchaussee. Für eine weitere industrielle Erschließung und Entwicklung der regionalen Dörfer war diese unerlässlich, und man entsprach damit den gestiegenen verkehrstechnischen Anforderungen. Die heutige Erfenschlager Straße durch den Ort war im Flurbuch von 1838 nur als "gestrichelte Linie" markiert, zu dieser Zeit also existierten nur kleinere Verkehrs- und Kommunikationswege. 

Erfenschlag bis zum Jahre 1800

An der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert existierten, urkundlich im Benediktinerkloster erwähnt, bereits einige Dörfer im Siedlungsraum der Zwönitz und Würschnitz. Es kann daher angenommen werden, das Erfenschlag, sowie auch andere Dörfer, bereits gegen Ende des 12. Jahrhundert entstanden waren. Um 1402 ist zwar nur eine Straße mit dem Namen "Erfenslegere Strasse", welche ungefähr dem heutigen Verlauf der Reichenhainer Strasse  entspricht, erwähnt. Ein, bei der Vermessung von Sachsen, nach 1780 erstelltes Meilenblatt, enthält den Vermerk "von Erfenschlag". 

 

In welchem Umfang die Region Einsiedel mit Erfenschlag, sowie den umliegenden Nachbargemeinden im Dreißigjährigen Krieg von Drangsalen betroffen waren, ist im näheren unbekannt. In Einsiedel gibt es aber eine umgangssprachliche Flurbezeichnung namens "Pestacker", diese weist darauf hin, dass die Seuche auch in unserer Region durchaus heftig gewütet hat, und zur Verödung ganzer Landstriche führte. Im benachbarten Reichenhain waren um 1636 nur noch zwei Güter bewohnt.

 

Durch Neugliederung der wettinischen Lande durch Herzog Moritz von Sachsen, gehörte Erfenschlag von 1547 bis 1843 zum Amt Wolkenstein. Zugehörigkeit der Gemeinde Erfenschlag zur Kirchgemeinde Einsiedel schon seit der Zeit vor der Reformation. Entwicklung zu einer bäuerlichen Gemeinde mit vierzehn Bauernhöfen um 1840, die in sieben Gehöften heute noch zu erkennen sind. 

Beginnende Industrialisierung um 1800

Napoleon machte es möglich. Er hatte 1806 eine "Kontinentalsperre" verhängt, und damit die Einfuhr englischer Waren verboten. Fortan brauchten deutsche Spinnereien keine englische Konkurrenz mehr fürchten, und schossen wie Pilze aus dem Boden. Mit dieser Entwicklung brachte es auch der allgemeine Maschinenbau voran, und Fabriken wurden später mit Dampf betrieben.

 

Für Erfenschlag änderte sich ab 1808, mit der Errichtung der Baumwollmaschinenspinnerei der Gebrüder Schnabel, so einiges. Das mehrstöckige markante Gebäude, nach englischem Vorbild an der Zwönitzkrümmung erbaut, dominierte fortan das Ortsbild. Die für den Bau erforderlichen Steine bezog man aus den nahegelegenen Steinbruch. Jedoch alle anderen Baumaterialien, sowie später auch die Rohstoffe für den Betrieb der Spinnerei, musste man mühsam auf noch schwer passierbaren Wegen und Straßen mit Pferde- oder Ochsengespannen herbei schaffen. Eine Eisenbahn fuhr erst ab 1875, ohne Haltestelle im Ort. 

Die Errichtung dieser Spinnmühle brachte Arbeit für ca. 140 Erwachse sowie 110 Kindern und damit auch ein Auskommen in Nahrungsarmen Zeiten. Für einen 12 Stundentag betrug 1877 der durchschnittliche Lohn 8,80 Mark in der Woche, Frauenlöhne waren 3 Mark geringer. Von diesem Wochenlohn mussten die Arbeiter auch noch das Lampenöl zahlen.

 

Aber, Bauern standen zu dieser Zeit noch schlechter da, und vermutlich war dies auch der Anreiz lieber in einer Fabrik als auf dem Lande zu arbeiten, was der Industrialisierung  auch weiteren Vorschub leistete.

Im Jahre 1871 gründete der aus Neu-Eibenberg (heute Burkhardtsdorf/Kemtau) stammende Maschinenbaufabrikant Carl Friedrich Ernst Beckert in Erfenschlag eine Zungennadelfabrik. Seine Person prägte den Ort eine Zeit lang maßgeblich und ohne sein Wirken wären damals der Schulneubau sowie die Gründung der freiwilligen Feuerwehr Erfenschlag wohl nicht zu Stande gekommen. Sein Wohn- und Fabrikgebäude stehen heute noch an der Erfenschlager Straße 165. 

Erfenschlag Vor und Nach dem II. WK

Rege Bau- und Siedlungstätigkeit gab es in den zwanziger und dreißiger Jahren, besonders auf der sonnigen Seite des Steinbergs; Bau einer Turnhalle mit Gaststätte (heute „Mediterraneum“) und eines Freibades, das sich heute stadtweit als „Sommerbad Erfenschlag“ noch großer Beliebtheit erfreut hat. Gegen Ende der 1920er Jahre hatte Erfenschlag den Zenit seiner wirtschaftlichen Entwicklung erreicht. In der relativ kleinen Gemeinde beschäftigten rund 30 Unternehmen, aus der Metall- und Textilindustrie, aber auch Holz- und Kleingewerbe, ca. 450 Personen. Im Jahre 1939 erreichte die Ortschaft Erfenschlag mit 2164 Einwohnern ihren höchsten Bevölkerungstand, diese lebten verteilt auf 224 Wohngebäude. 

 

Kaum jemand in Erfenschlag glaubte im sechsten Kriegsjahr des II. WK noch daran, dass das Örtchen in Folge der Bombardierungen von Chemnitz schwer "in Mitleidenschaft" gezogen werden würde. Doch in den Abend- und Nachtstunden vom 14. zum 15. Februar brannte Erfenschlag. Alliierte Bomber hatten, neben Chemnitz, auch die Ortschaften Erfenschlag und Einsiedel ins Visier genommen. Die Gemeinde hatte reichlich Zuzug von Flüchtlingen, obdachlose Bürger aus der Stadt, sowie Menschen aus den Ostgebieten auf der Flucht vor der Roten Armee. Zum Zeitpunkt des Luftangriffes befanden sich mindestens 2500 Einwohner im Ort. Zwar gab es, wie in Chemnitz auch, großangelegte Luftschutzübungen, aber im Ort mangelte es an bombensicheren Unterkünften. Auch wurden Ende 1944 die fünf stationären Heimatflakbatterien abgezogen, sodass Chemnitz ab Februar 1945 nahezu ungeschützt den schweren Angriffen von angloamerikanischen Bomberverbänden ausgesetzt war. Am 5. März wiederholte sich das Ganze Drama erneut, und Erfenschlag lag buchstäblich in Schutt und Asche. Stabbrand-, Sprengbomben und Luftminen haben kaum ein Haus unbeschädigt gelassen. Von beiden Bombenangriffen waren über 2300 Personen betroffen, über 1200 Menschen hatten alles Hab und Gut verloren. 124 Gebäude total zerstört, und 82 Gebäude schwer beschädigt. 49 Tode. 

Der Krieg zerstörte Wohn- und Gewerbehäuser genauso wie die Infrastruktur des Ortes, und man kann aus heutiger Sicht nur erahnen zu welchen Bedingungen der Wiederaufbau von Erfenschlag durch seine Bürger gelang.

Einzelheiten und Erinnerungen vieler Augenzeugen dieser Tage und Nächte wurde in zahlreichen lokalen Publikationen veröffentlicht.  

Eingemeindung des Ortes nach Chemnitz - 1950

Anregungen zur Eingemeindung gab es schon in früherer Zeit, in den Nachkriegsjahren jedoch bot die Gemeinde Erfenschlag selbst keinen erkennbaren Anlass für eine Eingemeindung nach Chemnitz. Im Gegenteil, Bürger und Gemeinde hatten mit Problemen der Kriegsfolgen sowie der Konsolidierung der politischen Nachkriegsordnung gerungen. 

 

Ab 1950 ging dann alles sehr schnell. Gesetzesänderungen gaben der Stadt Chemnitz die Möglichkeit die Eingemeindung von Vororten wie Erfenschlag im vereinfachtem Verfahren durchzusetzen, wenn dafür eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit bestand. Und diese gab es nach dem Krieg im neuen System natürlich. Im Mai des Jahres gab es eine öffentliche Versammlung mit Gemeinde-, Stadt- und Landkreisvertretern. Es wurde auf die Notwendigkeit der Eingemeindung zum wirtschaftlichen Gemeinwohl sowie im  Sinne der Gesamtplanung der DDR hingewiesen. Bürgerfragen zur Lösung von Infrastrukturproblemen der Gemeinde wurden beantwortet. In der anschließenden Abstimmung erfolgte die Zustimmung. Die Eingemeindung mehrerer Stadtteil wurde als großer Fortschritt für das Wohl der gesamten Einwohnerschaft gefeiert, denn im Mittelpunkt aller Beschlüsse und Beratungen steht immer das gemeinsame Interesse. Große Aufgaben lassen sich nun leichter lösen.

Rätselhaft bleibt, warum die offensichtlich einmal mögliche Alternative zur Eingemeindung, den Zusammenschluss mit Einsiedel, nicht weiter in Betracht gezogen wurde oder konnte.

Erfenschlag war mit Wirkung vom 1. Juli 1950 ein Stadtteil von Chemnitz. Danach fristete Erfenschlag vierzig Jahre lang ein Dasein als Randgebiet von Karl-Marx-Stadt. Infrastrukturprobleme wie Energiewirtschaft, Straßen- und Fernmeldewesen, aber auch die örtliche Versorgung und der Wohnungsbau blieben trotz Eingemeindung weitgehend ungelöst.

 

Nach der Wende, Mitte der neunziger Jahre, erblüht der Stadtteil wieder auf. Mit neuer Straße, sanierte und neu erbaute Häuser im Ort und auf dem Steinberg wird Erfenschlag zu einem beliebten und ruhigen Wohnort.